Erst einmal hinkommen
oder wie oft wollen Sie hier noch durchbrettern, ohne nach links und
rechts zu schauen?
Wenn irgendwie machbar, dann sollte man
das erste Juli- und das erste Augustwochenende für die Anreise meiden,
denn zu diesem Zeitpunkt ist halb Frankreich unterwegs. Allgemein
gilt allerdings, dass man in Frankreich zwischen 12 und 15 Uhr mit wesentlich weniger
Straßenverkehr rechnen kann, denn die Franzosen haben am Mittagstischplatz genommen, nur Ausländer und Magenkranke fahren noch.
Es soll
allerdings auch Menschen geben, die nachts fahren, weil sie partout nur ja nichts von
den Kilometern dazwischen mitbekommen wollen.
Wir jedenfalls
planten für die Anfahrt nach Montalivet/Le Gurp mindestens drei Tage ein.
Wenn
Sie ein Kind und ein Fahrzeug mit Navigationssystem haben, schalten Sie
"dieses" aus. Holen Sie sich stattdessen entsprechende Michelin-Karten und
ermöglichen Sie ihrem Kind die Kulturtechnik 'Kartenlesen', sonst
gerät diese klassische Orientierungshilfe in Vergessenheit. Ach ja,
Verkehr: Die im Departement Gironde am Straßenrand für Unfallopfer stehenden schwarzen lebensgroßen
Figuren zeigen weiterhin keine große Wirkung:
"In Frankreich rechnet man mit 153 Toten pro Million Einwohner, während es
in Italien 122, in Deutschland 116 und in Großbritannien nur 62 sind.
Raserei, Alkohol und die Psychologie gelten als Hauptursache." Ulrich
Wickert, "Vom Glück Franzose zu sein", S. 235f Hierzu
nur soviel.
Viele Wege führen nach Montalivet/Le Gurp.
Lieblingstrecke?
Am besten, immer den Wein- und Käse-Wonnen
nach. Denn in den Regionen, in denen Reben und Käse eine herausgehobene
Bedeutung haben, finden sich auch bauliche Exponate, die einen Umweg wert
sind.
Also, Wiesbaden, 5 Uhr früh - Beaune/Fleurie. Man könnte es in sechs bis
sieben Stunden schaffen. Dann ist man allerdings zum Beispiel an Weil am Rhein
(VITRA-Museum!)
vorbeigefahren. Nun ja, man könnte ja auch rückwärts bergauf fahren.
Also, dann das nächste Mal oder auf der Rückreise.
Ja, man kann auch ein wenig verrückt sein und auf
dem Hin/Rückweg über Kembs-Niffer (Elsass) fahren und sich dort, die von Le
Corbursier entworfene Schleuse (Rhein-Rhône-Canal)
anschauen.
Das Burgund und das Beaujolais mit Wein (mit den typischen regionalen Rebsorten wie Aligoté,
Chardonnay, Gamay und Pinot Noir) und Stein (von den
Solutré-Felsen, 20 000 Jahre vor unsere Zeitrechnung, bis zu Le Corbursiers "Notre-Dame du Haut", 1955) harren wenigstes einer
kurzen Erschließung. Wenn man diese Streckenführung wählt, sollte man
unbedingt über Vesoul fahren und im
Château
d'Epenoux nächtigen.
Wenn Sie zügig durchgekommen sind und Beaune
ausgelassen haben, dann sind Sie (von Wiesbaden um fünf Uhr früh gerechnet
gestartet ) um ca. 10 Uhr in Fleurie. Genau die
richtige Zeit um auf der Terrasse des 'Restaurant des Sports', wie es sich gehört,
zu
frühstücken.
Lesen Sie die Straßenschilder mit den verheißungsvollen Namen (Chrioubles,
Chénas, Juliénas, St. Amor) und schauen Sie dem geschäftigen Treiben vor
Ihrer Nase zu.
Wenden Sie den Blick über den Kirchvorplatz und Sie wissen, wo Sie an diesem
Abend essen: in der 'Auberge du Cep'. Genächtigt wird entweder in der
Domaine de la Grosse Pierre bei
Familie Passot in Chiroubles oder bei Thibault Roux in der
Domaine La
Javerniere. Die
bis dahin verbleibende Zeit sollten Sie umtriebig sein und sich zum
Beispiel folgendes anschauen:
'Le Hameau en Beaujolais' des
G. Duboeuf. Die 'Wein-Erlebniswelt' des
Weingutes F. Allendorf in Winkel/Rheingau ist,
ja, auch nicht schlecht, aber Deboeufs Konzept hat schon amerikanische Dimensionen.
Bei Deboeuf wird im großen Maße für den dritten Donnerstag im
November der Beaujolais nouveau erzeugt, abgefüllt und weltweit
verkauft. Voraussetzung für diesen frühen Verkauf des Weines ist die
Kellermethode der Macération semi-carbonique, bei der die ganze Traube
vergoren wird. Nach etwa vier Tagen platzen die Beeren der Gamay-Rebe
und geben ihren jetzt rot gefärbten Saft ab.
Oder Sie machen eine kleine ausgeschilderte Autowandertour auf den Spuren
des Schriftstellers und Politikers Alphose de Lamartine (1790 - 1869). Der "Circuit Lamartine" bringt Sie auf
Sträßchen nach Milly-Lamartine, Bussières und nach dem Schloss Pierreclos.
Ein Blick hinter Mauern und Baumkronen ist mehr als lohnend. Machen Sie unbedingt eine Schlossbesichtigung,
wo man den Poeten als Wachsfigur am Schreibtisch sitzen sehen kann, und
eine Weinprobe zwischen alten Fässern (Macon Supérieur).
Oder, wenn
Sie donnerstags in der Gegend sind, sollten Sie nach
Saint-Christophe-en-Brionnais fahren. Ein uriges Erlebnis, was man sich
nicht entgehen lassen sollte: Es ist Frankreichs größer Rindermarkt. Zwei-
bis dreitausend Charolais¹-Kühe, Bullen und
Kälber werden in den Ort gekarrt und wechseln ihren Besitzer.
zu 1 Tipp: Domäne Mechthildshausen, Wiesbaden-Erbenheim
Einen Schlenker wert: In Guédelon im französischen
Burgund entsteht eine Mittelalterburg neu - Gearbeitet wird wie im 13.
Jahrhundert.
Verheißungsvolle Ortsnamen in Fleurie/Beaujolais
Nach wie vor, eine hüftlastige Adresse: zum Beispiel (mousevover)
Poèllé de Grenouilles, au Beurre, au Persillade.
Juni 2010 - Nein, nicht im (mousevover) Hotel Chateau de Bagnols,
sondern wieder einmal bei Familie Passot in Chiroubles.
[...]
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Architekturunterricht: Le Corbusier, 1962, Schleuse,
Kembs-Niffer (Elsass)
Ronchamp, Le Corbursier, Chapelle Notre-Dame du Haut
Chambres d'Hôtes der Madame Roux, 'Javernière',
zwischen Villié Morgan und Morgan/Beaujolais. Ein ehemaliges Weingut. Es
ist weit von der Luxusklasse entfernt, aber ein Hotel 'de charme', wie
es in der gestylten Gegenwart selten zu finden ist.
Chapelle de la Madone, oberhalb von Fleurie.
Der ideale Platz für ein pique-nique. Ein entsprechender Wein könnte
vom 'Clos de la Roilette' in Fleurie sein.
Solutré, der berühmte Felsen, von dem unsere Altforderen (so zwischen 20
000 bis 16 000 vor unserer Zeitrechnung), so die Legende, die Tiere
hinunterstürzten.
Gamey- oder Spätburgunder-Trauben?
Schloss Pierreclos, wo auch Lamartine ein und aus ging.
Franca Mangani beschreibt in ihrer Autobiographie "Eine italienische
Familie" ihren Zugang zur Literatur: Vom 'Lesefieber' ergriffen las sie
und ihre Schwester selbst beim Abwaschen. Ein Buch wurde dazu zwischen
die beiden Wasserhähne über dem Spülbecken gestellt. "Diejenige , die
Abwaschen musste, genoss das Privileg, dabei lesen zu dürfen" (...) Wir
verdanken die Erfindung der "Lese-Hähne" Alphonse de Lamartine.
[...]
Meine Schwester, die gerade Graziella las, behauptete, es sei
unmöglich, die Lektüre auch nur einen Augenblick zu unterbrechen."
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