Von der Gegenwart der Geschichte -
Buchenwald ein Ort des Erinnerns und Gedenkens oder die Grenze des
Verstehbarens
Kann man Erinnern anweisen? Man kann nicht. Aber ...
Jedes
Land, in dem so etwas möglich war, braucht auch Stätten, an denen dieser
Geschehnisse gedacht werden kann. Buchenwald ist solch ein Ort, in dem
die Menschenvernichtung aus rassistisch-ideologischen Gründen, die
Systematik des Vorgehens jungen Menschen anschaulich gezeigt werden
kann.
Der Besuch von wenigen Stunden konnte den Schüler/innen nur einen
Bruchteil der Tragik, einen minimalen Ausschnitt der Bedingungen und
Verhältnisse der damaligen Zeit vermitteln.
Gästebucheinträge einiger Schüler/innen der Klasse 10b der
Werner-von-Siemens-Schule, Wiesbaden: Dominika Puskarczyk
"Ein komisches Gefühl am Steinbruch zu stehen. Ich habe mir fast
vorstellen können, wie ausgeliefert man sich gefühlt hat. Leider kam
nicht ganz rüber, wie schrecklich es gewesen sein muss, auch nicht im
Krematorium."
Samina Lukic
"Was ich hier gesehen habe, kann man nicht in Worte fassen. Als ich mir
die Berichte durchgelesen hatte, kamen mir die Tränen. Man kann nur
ahnen, welches Leid die Menschen durchmachen mussten. Ich hoffe, dass so
etwas in Deutschland nie wieder passiert."
Jessica Müller
"Dies ist ein Ort der Trauer, Erniedrigung und des Leides von Tausenden
von Menschen. Man kann nur ansatzweise ahnen, welches Leid diese
Menschen in ihrer Gefangenschaft täglich erfahren mussten."
Isabell Scholz
"Ich kam nach Buchenwald, um Geschichte zu erleben. Das Arbeitslager war
damals, nach meiner Meinung, ein Ort der Qualen. Die Bilder, die ich in
der Ausstellung sehen konnte, zeigten abgemagerte und tote Menschen.
Diese Bilder zeigen die traurige Wirklichkeit der Vergangenheit.
Buchenwald ist ein Mahnmal für die Bevölkerung, das noch lange aufrecht
erhalten werden sollte. Ich werde keine schönen Erinnerungen daran
behalten, aber die sollte man an solch einem Ort auch nicht haben."
Ben Himmelstoß
"Dieser Ort ist ein Platz des Grauens und des Todes. Es ist kaum
vorstellbar, was für barbarische, menschenverachtende Dinge sich dort
abgespielt haben müssen. "
Sabrina Petry
"Es war ein komisches Gefühl durch die Baracken zu gehen und die
Verbrennungsöfen zu sehen. Es war nicht schön, die übereinander
gestapelten Leichen auf einem Bild zu sehen. Trotzdem, es war ein
aufschlussreicher Tag.
Was wir hier uns in Erinnerung
gerufen, gesehen haben, ist ungeheuerlich. Ich hoffe, die Schülerinnen
und Schüler haben erkannt, dass nur der aus der Geschichte lernen kann,
der sie kennt und sich mit ihr auseinandersetzt. Wobei, wer die
Schreckensgeschichten nicht einordnen kann, weil das Hintergrundwissen
fehlt, wird das Erlebte rasch wieder vergessen. Die gezeigte
Betroffenheit und das gezeigte Mitgefühl der Schüler/innen mit den
Opfern allein führt noch nicht zur Erkenntnis, wie ein repressiver Staat
funktioniert(e).
Ich wünsche mir, dass sich die jungen Leute
mit der deutsch-jüdischen Geschichte mit all ihren positiven, aber auch
negativen Facetten auseinandersetzen, die sie im Lauf der Jahrhunderte
gehabt hat, damit die Gefahr einer ritualisierten Betroffenheit durch
die Fokussierung auf die NS-Zeit vermieden wird.
Raum dafür bietet in Wiesbaden das
Aktive Museum Spiegelgasse.
Wir schreiben den Dezember 2011 „Ich habe das Wort Dachau zum
ersten Mal nach dem Krieg gehört. Auch das Wort Auschwitz habe ich erst
nach dem Krieg gehört.“ Helmut Schmidt in „Auf eine Zigarette mit
Helmut Schmidt“ KiWi, Helmut Schmidt / Giovanni di Lorenzo
Also,
was soll ich dazu sagen? Meinen Eltern habe ich diese Aussage nicht
abgenommen. Vielleicht habe ich ihnen Unrecht getan?
Ja, wie
lange ist historische Schuld bezifferbar? Schüler/innen fragten mich
dies immer wieder einmal. Vielleicht, so die Unterstellung, wurde diese
Fragestellung von den Eltern intendiert. Also, es ist mit Geld nicht
aufzuwiegen, das Leid der Juden, die im Nationalsozialismus verfolgt
wurden. Vor 60 Jahren (2012) hat sich die Bundesrepublik Deutschland
verpflichtet, Entschädigungen zu zahlen.
Bis heute sind mehr als
70 Milliarden Euro gezahlt worden. Zudem finanziert Deutschland (2012)
die häusliche Pflege von 100 000 Überlebenden. So meine Antwort.
Nicht wenige muslimische Schüler machten "dicke Backen".
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Inschrift am Eingangstor KZ Buchenwald: "Jedem das Seine" Ein
Ausspruch von Marcus Porcius Cato (234 - 149 v. Chr. ), aufgenommen in
eine Sammlung bürgerlichen Rechts. Der Spruch wurde 1938 so in das
Lagertor eingefügt, dass er vom Appellplatz aus lesbar war.
Ausstellungsbild im KZ Buchenwald
Rekonstruktion der Außenanlage
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