Wegen ein paar Austern im Januar nach
Deauville/Trouville/Honfleur, Normandie
oder wegen eines Teppichs nach Bayeux oder
auf dem Weg der Invasoren in die Normandie?
Wieso man so etwas macht? Nun, letzten Endes ist es schwer zu sagen, was
nun delikat ist: der jodhaltige Geschmack, der metallische
Nachgeschmack, zumindest die erste Auster kostet immer Überwindung: Sie
lebt, ist glibberig und schmeckt auch noch ungewohnt. Sie ist nicht
normale Hausmannskost. Sie ist (nicht in Montalivet/Le
Gurp) teuer.
"Austern isst man nicht wie eine Bratwurst, weil einem plötzlich flau
wird vor Hunger, Austern isst man, weil man Austern essen will. Sie
taugen nicht fürs überleben, aber für ein schöneres Leben." Wolfram
Siebeck
Vor oder nach der Jahreswende gönnen wir uns jedenfalls seit Jahren ein
bis drei Tage Normandie.
Hinflug: LH 4092 07:30, LH 4086 08:45
oder LH 4062 09:50. Frankfurt - Paris Orly (= Terminal 1!)
Mietwagen z.B. AVIS: ca. zwei Stunden A 13, Richtung Rouen, Ausfahrt
Honfleur oder Deauville und Sie sind im 21. Arrondissement von
Paris, mäh wih, dem Strand
von Paris. Jeder Kenner weiß natürlich, dass Paris nur 20
Arrondissements hat. Aber so heißt nun einmal der Spruch, denn an den
Wochenenden bzw. spätestens im August ist "Tout Paris" in der Normandie.
Die düsen selbst im Dezember und Januar hier an. Dieses Jahr (2003)
hatten sie allerdings auf dem Hinweg etwas Pech: neige = Schnee und
eisige Temperaturen.
Unterkunft: Hotel "L'Ecrin", gediegen, in Honfleur: (Das entspricht A
13) oder das "ibis hotel", beste Lage, aber bitte die Zimmer nach
hinten: Deauville. Sie können natürlich, wenn Sie A 38 oder so etwas
Ähnliches an Apanage haben, im Hotel "Normandie" nächtigen. Essen:
"Le Corsaire", Honfleur an der Eglise Sainte-Catharine. Übrigens eine
ungewöhnliche Kirche, ein ungewöhnlicher Glockenturm. Restaurant
"Central", Trouville; derzeit der angesagte Speisetempel, gegenüber den
kleinen Fischhallen. Nebenan können Sie im "Les Vapeurs"
frühstücken: Café Calva - schwarzer Kaffee mit viel Calvados.
Ausflüge: Etretat: Zwischen Fécamp und Etretat haben Generationen von
Filmmördern ihr Opfer von den Klippen geschubst. Oder den Bilderbuchort
Beuvron-en-Auge (mit dem Landgasthof "La Boule d'Or") weiter westlich
von Deauville.

Chateau du Breuil in Le Breuil en Auge. Ca. 20 Kilometer von Trouville
entfernt. Dort gibt es die feinsten und ausgewogensten Calvados.
"Chateau du Breuil", endlich etwas gefunden.
Tipp: E. Hemingway, "Paris - Ein Fest fürs Leben" rororo-Ausgabe
S. 90
Wegen eines Teppichs nach Bayeux? Er ist natürlich kein Teppich im
ursprünglichen Sinn. Fährt man von Deauville nach Westen weiter, dann
durchquert man jenen französischen Regierungsbezirk (Department), dessen
Name den Leckermäulern unter uns das Wasser im Mund zusammenlaufen
lässt: Calvados. Livarot (gesprochen liwaro), Pont-I'Evêque
(gesprochen pong lewäk) und Camembert (gesprochen ka mang bähr
oder auch kamangbär dö normandgi) lassen grüßen. Der Teppich kommt
etwas später: Der Camembert gehört nämlich in die Normandie wie der
Eiffelturm nach Paris. Dort hat er seinen Ursprung.
Die Kühe stehen selbst im Winter auf der Weide. Es ist eine sonderbare
Rasse. Sie haben Brillen auf! D & G-Brillen? Der Ende des 17.
Jahrhunderts in dem kleinen Örtchen Camembert entstandene Käse hat sich
inzwischen zu einem der beliebtesten Käse gemausert. Sein Name
findet sich auf vielen Käseetiketten, wenn auch der echte normannische
Camembert, der aus Rohmilch gemacht wird, unerreicht bleibt.
Aber nun zum Teppich. Bayeux ist eine freundliche Stadt. Eine
unzerstörte Stadt! Von der Kathedrale blickt allerdings ein großes
mittelalterliches Monstrum auf uns herab. Es ist der
Wikinger/Normannenhäuptling Svend Gabelbart, der seine Haudegen hierher
gebracht hat. Ja! Genau, dieser Gabelbart war der Sohn von Harald
Blatand ("Blauzahn"), König von Dänemark, etwa 940 - 985 oder 987. Es
hing wohl mit der Vorliebe für Blaubeeren zusammen, dass Harald den
Beinamen Blauzahn bekam.
Fragen Sie mich nicht, wer diese Marketingidee hatte. Es ist jedenfalls
jemand, der die Gelegenheit hatte, sich zu bilden.
Tickt es?
Bluetooth-Produkte sind derzeit in aller Munde. Diese Funktechnik macht
Schluss mit dem Kabelsalat.
Sein Urenkel Odo (auch Odon), der Halbbruder von Wilhelm dem Eroberer
(alles klar?) hat jedenfalls diese Kathedrale bauen lassen. Dieser hat
wohl auch den Teppich in Auftrag gegeben, die berühmte Tapisserie von
Bayeux, der die Invasion Wilhelms in England und die Schlacht bei
Hastings (1066) erzählt. Ja nun, auf dem Teppich ist das alles
Nadelstich für Nadelstich ganz genau zu sehen: Wie die Franzosen
Weinfässer und Waffen auf die Schiffe tragen und wie sie sich an
Kaninchen am Spieß laben. Ein Regen von Pfeilen, (Liebe Schüler, ihr
erkennt die Metapher!), die sterbenden Pferde, die abgeschlagenen Köpfe
der Besiegten. Es ist ganz realistisch und grausig-naiv in das Leinen
(und jetzt kommt es eigentlich: über 70 m (siebzig) und ca. 50
Zentimeter hoch) gestrickt. Der Teppich hängt freilich nicht mehr in
der Kirche, sondern in einem eigens dafür gebauten Museum.
http://rubens.anu.edu.au/htdocs/bytype/textiles/bayeux
Fährt man die acht Kilometer von Bayeux zur Küste, ragen über
den Klippen zwischen Port-en-Bassin und Arromanches auf einmal die Köpfe
deutscher Küstenbatterien (gleichfalls in
Le Gurp!) aus den Wiesen; riesige Köpfe, ähnlich Darth Vader-Helme,
aus Stahlbeton.
D.h. die
Todt-Organisation
Todt, Fritz, Ingenieur und Politiker (NSDAP), *Pforzheim 4.9.1891, gest.
(Flugzeugunfall) bei Rastenburg (heute Ketrzyn) 8.2.1942; ab 1933
Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen, leitete den Bau der
Reichsautobahnen, ab 1938 des Westwalls; gründete die Organisation
Todt (technische Spezialtruppe für militärisches Bauwesen), ab 1940
Reichsminister für Bewaffnung und Munition.) aus: Brockhaus
hat hier an den Stränden (wie in Le
Gurp) zahlreiche Bunker errichtet. Welches deutsche
Bauunternehmen federführend war, ich glaube Holzmann, vergisst man am
Besten oder doch nicht? Die Gegend von Bayeux wurde jedenfalls eines
der Zentren des touristischen Rummels um die alliierte Invasion vom
Juni 1944. Die Strände heißen hier: Omaha Beach, Juno Beach oder
Gold Beach. Es gibt dazu eine Unzahl von Museen, Denkmälern,
Aussichtspunkten und War
Memorials.
Ich habe den deutschen Soldatenfriedhof La Cambe (21.139 Tote) besucht!
Ich glaube, diese deutschen Soldaten an der Invasionsfront, auf den
Grabinschriften konnte ich es entnehmen, waren meist hoffnungsvolle
junge Menschen, die ihr Leben für ihr Vaterland eingesetzt haben, so wie
sie es (verblendet durch Propaganda!) in ihrer Zeit sahen. Man darf
sie nicht diskriminieren. Diese Generation, die Generation meiner
Eltern, konnte ja nichts dafür, dass sie in dieser Zeit gelebt hat. Sie
ist da hineingeschlittert, zum Teil. Und jetzt liegt über dieser
Generation ein schwerer Vorwurf, von dem nur wenige ausgenommen sind.
Damit geschieht vielen Unrecht.
[...]
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Restaurant "Central", Trouville, Januar 2006 und April 2003
"Hermes", Deauville 2003: "Wieder nichts gefunden!"
April 2006: "Auch nichts gefunden!"
Normanische Kuh mit D & G-Brille? oberhalb von (mouseover) Etretat.
"La Pointe du Hoc", Einer der Stützpunkte des deutschen
Festungswerkes.
Am Morgen des 6. Juni 1944 wurde er eingenommen. Es sollte noch
knapp ein Jahr dauern, bis
Deutschland von den Nazis befreit wurde. Mein Vater (*1909)
sah dies lange Zeit nicht so.
Er hatte vom "verlorenen Krieg" gesprochen.
Die Sicht
auf das Kriegsende hat sich geändert. Heute hat sich die Einschätzung
durchsetzt, dass die Deutschen 1945 vom Regime der Nationalsozialisten
befreit worden ist. Dem ist so!
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